Fahrradreise in den Südwesten von Burkina Faso
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Der erste Eindruck, der sich bei der Ankunft in Bobo einprägt, sind die gegenüber der Hauptstadt Ouagadougou viel grüneren Straßen. Es stehen offenbar mehr Bäume in den Straßen, selbst in der Innenstadt und in den Seitenstraßen des Marché Centrale, nicht weit von dem Busbahnhof entfernt, an dem wir ankommen. In dem riesigen Geviert des Marktes sind die Händler dicht bei dicht angeordnet und je nach angebotener Ware zu verschiedenen Bereichen zusammengefasst.
Bereiche, die unüberschaubar sein können, wie die der Stoff- und Schuhhändler, die teilweise unter niedrig aufgespannten Stoff- oder Bastbahnen vor der Sonne geschützt hinter oder neben ihrer Ware sitzen. Dazwischen werden Haushaltsartikel angeboten und die teils einzeln abgetrennten Buchten bilden ein Gewirr von schmalen Pfaden unter diesem Dach, bei denen man schnell die Übersicht verliert und an ein Labyrinth erinnert wird.
Viele Gemüse- und Gewürzhändlerinnen hocken hingegen nur dürftig überdacht, manchmal unter einem Sonnenschirm, aber ebenso dicht beieinander, in einem anderen, etwas offeneren Bereich des Marktes. Mit Obst sieht es nicht ganz so gut aus. Davon kaufen wir später an der Straße (Bananen, Papayas). Man trifft praktisch überall entlang der Verkehrswege fliegende Händler, nicht nur im Bereich des Marktes. So merkt man schnell die Stellung von Bobo-Dioulasso als wirtschaftliches und kulturelles Zentrum des Südwestens von Burkina Faso.
Unsere Unterkunft in einem Randquartier der Stadt macht da eher einen viel ländlicheren Eindruck. Umgeben ist der kleine abgeschottete Hof von einfachen Wohnvierteln und gleich dahinter viel offener Fläche. Nur wenige hundert Meter sind es bis zur Stadtgrenze mit nur noch einzelnen Wohnhäusern, die sich in der sich anschließenden trockenen Ebene verlieren. Man trifft dort gegelegentlich auf beladene Eselkarren und kommt irgendwann an eine Geländekante, an der das Land steil über Felsen in Richtung Dafra hin abfällt.
Bobo-Dioulasso ist eine bunte Flächenstadt mit etwa 350.000 Einwohnern, die sich auf verschiedene Quartiere rund um das Stadtzentrum herum verteilen. Es gibt kaum Gebäude im Zentrum der Stadt, die über drei Etagen hinausgehen. Dass man sich dennoch in einer Großstadt befindet, merkt man unschwer an dem Verkehr auf den Straßen und dem Gewimmel vieler kleiner Händler, die so wichtige Dinge wie Telefonkarten oder frisch aufgegossenem Nescafé anbieten. Klapprige grüne Taxis bahnen sich ihren Weg durch die Leute auf den Straßen, die ihre Handkarren vor sich her schieben, auf ihren Mobilettes oder Fahrrädern unterwegs sind, oder zu Fuß ihre Last transportieren. Das scheinbare Durcheinander ist Teil des westafrikanischen Flairs, das man nicht einfach nur beobachtet. Man gewöhnt sich schnell daran, taucht hinein, geht am besten zielgerichtet seinen Weg oder fährt auf seinem Rad optimistisch wie die Einheimischen im Verkehr mit.
Auf eine von diesem modernen Leben und Treiben eher losgelöste, eigene Welt trifft man in der Altstadt von Bobo, die unweit der Grande Mosquée am Rande des Zentrums liegt. Man fühlt sich hier sofort in eine ländliche Dorfstruktur zurückverstzt, auch wenn die Häuschen dicht an dicht stehen und verwinkelte Gässchen bilden, also keineswegs so locker wie in einem Dorf angeordnet sind. Schlichtheit und Armut dominieren das Bild. Im dünnen Flusslauf waschen Frauen sich und die Wäsche ihrer Familie. Das jetzt im Winter schmale Rinnsal wird sich während der Regenzeit wohl zu einem kräftigen Flusslauf entwickeln, wie man anhand der hochgemauerten Uferbefestigung ablesen kann. Momentan türmt sich dort außerdem ein Berg von Müll. Überall spielen Kinder - eine eher trügerische Idylle.
Wir bleiben für knapp zwei Tage in der Stadt. Das ist eher zu wenig, um sich daran zu gewöhnen und weitere Ecken der Stadt zu erkunden. Zumal wir anfangs ohne Räder dastehen. Größtenteils jedenfalls. Wir wollen ja von hier aus mit den Rädern weiter in den äußersten Westen des Landes fahren. In einer zweiwöchigen Rundreise kommen wir bis nach Sindou und weiter an die Grenze zu Mali. Später dann wieder zurück.
Doch zunächst müssen wir uns noch in Geduld üben, denn mit dem Bus aus Ouagadougou kamen nur vier der Räder im Gepäckraum mit und die Lieferung der im dortigen Busterminal zurück gelassenen restlichen Räder kam mit dem nächsten Bus, wie ursprünglich von dem Stationsmanager versprochen, nicht hinterher. Mit dem übernächsten Bus auch nicht. Erst einen Tag später, jetzt nachdem wir unsere kurze Erkundung der Altstadt beenden und nocheinmal am Busterminal der TCV vorbeigehen und den nächsten Bus abwarten, kommen die Räder endlich an.
Beunruhigt waren wir wegen des Zeitverzugs nicht wirklich, wohl wissend, dass in Afrika eigentlich alles (auch Ungewöhnliches) funktioniert. Nicht immer auf die erwartete Art und Weise, manchmal überraschend und häufig mit einem anderen Verständnis für zeitliche Abhängigkeiten. So ist es immer gut, während einer längeren Reise hierzulande auch zeitliche Puffer eingeplant zu haben. Für die Busrückreise nach Ouaga, zwei Wochen später, wählen wir dennoch eine andere Strategie.
Die Länge der Etappe nach Orodara beträgt etwa 75 Kilometer. So brechen wir bereits früh gegen acht Uhr an unserem Quartier auf. Ein sonniger Morgen lacht uns in die Gesichter und verspricht uns einen heißen Tag. Wir fahren am Zentrum vorbei, und in Richtung des Flughafens aus der Stadt wieder heraus. Nach einigen Kilometern passieren wir die Zollschranke des Regierungsbezirks und sind schnell auf dem offenen Land. Die Nationalstraße 8 führt in Richtung Westen, noch über Orodara hinaus und von dort weiter in nordwestlicher Richtung bis ins Nachbarland Mali. Viel Verkehr begegnet uns auf dieser doch recht Wichtigen Verbindung nicht. Hauptsächlich Schwerlastverkehr, wobei sich die Zahl der LKW an den Fingern abzählen läst.
Überladene Buschtaxis gehören auch dazu und viele Leute, die mit ein paar Waren zu Fuß oder mit einem Handkarren offenbar von Dorf zu Dorf unterwegs sind. Manchmal liegt eine Ansammlung von Hütten direkt an der Straße, manchmal in Sichtweite. Auf etwa halber Strecke machen wir eine längere Pause zuerst im Schatten einer Buvette an der Straße neben einer improvisierten Motorrollerwerkstatt. Hier gibt es heiß aufgebrühten Nescafé und kleine, süße Bananen. Später ziehen wir uns unter nahe gelegene Mangobäume zurück, um die Zeit der größten Mittagshitze vor der intensiven Sonnenstrahlung geschützt, mit Dösen zu verbringen.
Die Straße nach Orodara ist zugegebener Maßen nicht ganz eben. Aber sie ist asphaltiert und birgt keine wirklichen Schwierigkeiten. Es ist für den einen oder anderen dennoch eine anstrengende Etappe, denn die Lufttemperatur liegt auch am Nachmittag noch über dreißig Grad Celsius und das ist für einige von uns doch etwas ungewohnt und verlangt nach mehr Pausen, oder ach einer langsameren Fahrweise. Da es entlang der Strecke aber immer wieder etwas zu entdecken gibt, gibt es immer wieder auch Grund zum halten. Sei es der Ausblick von einer Anhöhe über die in der flirrenden Hitze daliegende Landschaft, oder ein sich hinter Palmen und Mangobäumen versteckendes Dorf am Rand der Straße, dass im milden Licht des frühen Abends ein liebenswert friedliches Bild abgibt.
Die Wärme lässt nun etwas nach und die Farben der Landschaft kommen bei der nun etwas tiefer stehenden Sonne viel kräftiger zur Geltung, als noch zur Mittags- oder frühen Nachmittagszeit. Besonders der rötlich-braune Lehm bildet einen starken Kontrast zum Grün der Bäume und dem Blau des Himmels. Dies nimmst Du umso intensiver wahr, je näher Du dem Tagesziel kommst und je mehr die Anstrengung des Tages von dir abfällt.
Das Hotel Le Prestige in Orodara liegt etwa einen Kilometer vom dortigen Zentrum entfernt etwas abseits der Durchgangsstraße. Kurz davor bietet ein junger Burkinabè in einem der vielen aus einfachen Latten zusammen genagelten und in diesem Fall blau angestrichenen Holzverschlag, heißes Wasser und Nescafé an. Auch wenn es eigentlich noch viel zu warm ist, so kommt ein heißer Kaffee zum Ende der heutigen Etappe doch wie gerufen.
Von Orodara aus fahren wir weiter nach Sindou, in eine Gegend, die als eine der Kornkammern Burkina Fasos gilt. An dem sich in dieser Gegend wie eine gezogene Linie erstreckenden kleinen Gebirgszug aus Sandstein und Lava regnet sich die in der Regenzeit von Mali herüberkommende feuchte Atlantikluft ab und das poröse Gestein nimmt das Wasser auf und gibt es dann allmählich über einen längeren Zeitraum wieder ab. Davon profitiert neben der Baumwolle auch der Reis- und der Gemüseanbau in der Gegend, so dass mehrere Ernten im Jahr möglich sind.
Bis dorthin sind etwa 60 Kilometer auf Pisten zu fahren, den Asphalt verlassen wir nach etwa 10 Kilometern hinter Orodara. An der Straßengabelung bei Diéri macht gerade ein Buschtaxi Station und die Leute schauen ein wenig ungläubig auf die Reihe der Radfahrer, die jeder für sich versuchen, an dem Übergang auf die rötliche Piste nicht im Sand stecken zu bleiben. Wir rollen durch den kleinen Ort und vorbei an einer hübschen Moschee, die direkt an der Straße liegt. War bisher schon auf der Überlandstraße von Orodara her nur wenig Verkehr, der uns überholt hatte, so treffen wir hier nur mehr auf Fahrräder und gelegentliche Motorräder, die uns entgegenkommen. Manchmal fahren wir an Menschen vorbei, die zu Fuß zwischen den Dörfern unterwegs sind, Ware in großen Schüsseln oder Eimern auf dem Kopf balancierend, oder Feuerholz.
An einem schmalen Flusslauf, den wir überqueren, sitzen Frauen und Kinder und waschen Wäsche, tragen Wasser in Kanistern auf dem Kopf zu ihrem nicht weit entfernten Dorf. Kurz vor Samogohiri überquert eine schmale stählerne Brückenkonstruktion noch aus der Kolonialzeit einen etwas kräftigeren Wasserlauf, an dem auch viele eng gewachsene Bäume reichlich Schatten für eine kurze Pause spenden. In den etwa 20 Minuten, die wir hier verweilen, kommen eine ganze Reihe von Leuten vorbei, die meisten auf ihren Fahrrädern, beladen mit Brennholz oder Ackerwerkzeugen, die für die Feldarbeit benötigt werden.
Manchmal kann man über die mit den zwar robusten, aber doch sehr einfachen und für Transporte eher unkomfortablen Rädern transportierten Lasten nur staunen. Es gibt nur eine Übersetzung zwischen Kettenblatt und Antriebsritzel und häufig keine nennenswerten Pedale. Lediglich die Pedalachsen sind vorhanden, auf denen man seine Füße absetzen muss.
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