Fahrradreise in Burkina Faso - Januar 2011

Schon bei der Zwischenlandung in Niamey, der Hauptstadt des Niger, dem östlichen Nachbarland von Burkina Faso, war der unangenehme Staub absehbar. Von den flachen, einfachen Häusern und vom Umfeld des kleinen Flugplatzes war nur wenig zu erkennen. Der feine in der Luft schwebende Staub wirkte wie leichter Nebel. So hatte die Zwischenlandung dort etwas Unwirkliches. Das kleine Terminal mit dem aufgesetzten, kurzen Tower machte in Niamey dann auch eher den Eindruck eines militärischen Landeplatzes, denn den eines internationalen Flughafens. Die vereinzelten trockenen Büsche neben dem Flugfeld auf dem rötlich-sandigen Boden verloren sich in dem abendlichen Staub.
Doch schon nach etwas mehr als einer halben Stunde Aufenthalt rollte der Airbus A340-300 wieder zur Landebahn zurück und setzte seinen Flug schließlich in Richtung Ouagadougou fort.

In der Gegend von Sindou

Doch auch hier bleibt uns der feine Sand in Bodennähe erhalten. Ab etwa 1500 m Flughöhe tauchte der Airbus in die wie mit einem Lineal glatt gezogene Staubschicht ein. Die Ausläufer eines Sturmes, der Tage vorher schon durch die Sahara gezogen war, hinterlassen hier ihre Spuren.
Warm und schwer umfiängt uns die Luft auf dem Rollfeld beim Verlassen des Flugzeugs. Nachdem die Formalitäten der Einreise erledigt sind, wir unser Gepäck vollständig zurück erhalten haben und die Fahrräder schließlich noch innerhalb der staubigen Ankunftshalle montiert sind, wird es längst Nacht.

Diese Reise unternehme ich mit einer Gruppe Radfahrer aus verschiedenen Ecken Deutschlands und der Schweiz. Unsere Räder haben wir hierher mitgebracht, teils in Kartons verpackt, teils umwickelt oder in einer Fahrradtasche verstaut. Sie überstehen die Flugreise mit Umstieg in Paris und dieser Zwischenlandung in Niamey fast unbeschadet.

Wir machen in einem der kleineren aber freundlichen Hotels nicht weit vom Flughafen Quartier und rollen bis dorthin die etwa 2,5 km im Konvoi durch die Nacht. Beleuchtet ist lediglich die Avenue De Aeroport direkt vor dem Flughafen, die wir jedoch schon nach zwei Straßenkreuzungen wieder verlassen. Seitenstraßen liegen im staubigen Dunkel der Nacht, werden aber durch den mehr oder weniger starken Fahrzeugverkehr etwas ausgeleuchtet. Als wir in die unasphaltierte Seitenstraße einbiegen, ist an deren etwa 200 Meter entfernt gelegenem Ende der Schein des dünn beleuchteten Hotels gerade so zu erkennen. Die Räder können wir in einem kleinen Innenhof geschützt unterstellen, unsere Zimmer verteilen sich auf drei Etagen und diejenigen, die eines oben an der Dachterasse abbekommen, können den Blick in die noch unbekannte Umgebung wandern lassen. Die Kartons und Taschen wurden schon mit einem Taxi hierher gebracht und werden nun in einem Lagerraum deponiert. Unsere Tour kann beginnen.

Fahrradreise in Burkina Faso


Von Stadt und Land
Ausflüge um Ouagadougou
Um Sindou und Banfora
Bobo-Dioulasso und Orodara
Von Hippos und Wasserläufen
weitere Fotos der Reise
Das Hörstück zur Reise (ca. 7 MB)
weitere Informationen über Radreisen in Afrika



Von Stadt und Land

Einfach gesagt: Viele Dinge sind hier anders, als in der gewohnten Umgebung zuhause. Abgesehen von der extremen Helligkeit des Tageslichts und der angenehmen Wärme, die einen auch des Nachts umgibt. Die Luft in der Hauptstadt ist staubig und es liegt häufig auch ein Geruch von irgendetwas Verbranntem in der Luft. Manchmal brennt trockenes Gras im Busch abseits bestellter Felder, oder qualmt eine verlassene Feuerstelle noch still vor sich hin. Es riecht nach brennendem Holz, manchmal nach verbranntem Kunststoff. Häufig wird direkt an der Straße gekocht. Dafür werden drei größere Steine so im Dreieck angeordnet, dass ein Topf oder eine eiserne Pfanne darauf bequem abgelegt werden können, während darunter ein Holzfeuer offen vor sich hin kokeln kann.

Über Luftverschmutzung muss man sich keine Gedanken machen, sie ist einfach allgegenwärtig. Zum Feuermachen dient manchmal etwas von dem überall herumliegende Müll, beispielsweise hauchdünne schwarze Plastiktütchen, oder etwas von dem alten Papier, die jede Händlerin und jeder Händler bei sich trägt oder liegen hat, um einem Kunden die gekaufte Ware einpacken zu können. Über die Luftverschmutzung wird nicht geredet, sie wird allerorten praktiziert. In der Stadt kommen die Abgase überladener LKW, klappriger Taxen und unzähliger Kleinmotorräder noch dazu. Viele Leute, die längere Zeit auf ihrem Rad oder Motorrad unterwegs sind, tragen deshalb einen Mundschutz. Das hilft zumindest gegen das Einatmen gröberer Partikel in der Luft.

Hühnertransport

Abseits der großen Städte wird die Luft dann sauberer, der Verkehr geht deutlich zurück. Und auch wenn Nebenstraßen in der Regel nicht asphaltiert sind, so ist aufgrund der geringen Verkehrsdichte entlang der sandigen Pisten die Staubentwicklung nur mäßig. Viel mehr als mit Autos und Kleinbussen sind die Leute mit Fahrrädern unterwegs, auf denen sich auch so gut wie alles transportieren lässt. Einen prall mit Zwiebeln gefüllten Sack, einen gut verzurrten Karton voller Tomaten, oder einen ausladenden Holzkäfig in dem sich ein Dutzend und mehr Hühner aneinander quetschen. Auch Brennholz, auf gleiche Länge geschnittene Äste, auf dem Gepäckträger bis über die Schulterhöhe des Fahrers aufgestapelt, ist eine nicht ungewöhnliche Last.

Staubige Piste

Unsere Tour folgt keiner Punkt-zu-Punkt-Strecke von A nach B. Vielmehr liegt der Schwerpunkt der Reise in einer Region im Südwesten des Landes, wo wir ausgehend von insgesamt vier Stützpunkt-Quartieren Tagestouren und Ausflüge in die interessante Landschaft unternehmen. Die touristische Infrastruktur ist in Burkina Faso, das nach wie vor zu den ärmeren Ländern südlich der Sahara zählt, nur punktuell vorhanden. Doch auch auf diese Weise kommen mehr als 800 km geradelte Strecke zusammen.

Für die ersten Tage bleiben wir noch in der Hauptstadt und ihrer Umgebung, reihen uns in den hektischen Verkehr der wichtigsten Ausfallstraßen ein und lassen das Treiben auf uns einwirken. In den breiten Straße der Stadt haben Zweiräder eigene Fahrstreifen am Rand des Asphalts mit eigener Verkehrsregelung. Der Anteil der Zweiräder am Individualverkehr ist hier in der Hauptstadt schon sehr groß, auf dem Land liegt er bei beinah 100 Prozent.

Später machen wir uns mit dem Überlandbus auf den Weg in die etwa 360 km entfernte ehemalige Hauptstdat des Landes Bobo-Dioulasso, die als zweitgrößte Stadt und Heimat einiger Ethnien der Region, so z.B. der Dioula, Bobo, Sénoufou, Gouin und der Siamou ihr ganz eigenes Flair einer westafrikanischen Großstadt bereithält. Stationen, an denen wir neben Bobo-Dioulasso Quartier beziehen, sind Orodara, Sindou und Tengrela, das etwa 6 Kilometer westlich vor Banfora liegt. Hier bleiben wir jeweils für zwei bis vier Tage in einfachen Campements oder, wie im Fall von Orodara, in einem richtig komfortablen Hotel. Weitere Zielpunkte sind Moussodougou und Tourny, die in Tagesausflügen erreicht werden und von denen wir jeweils wieder zum Ausgangspunkt (Orodara bzw. Sindou) zurückkehren. Außerdem machen wir in Niansogoni und Bérégadougou Station, wo wir jeweils für eine Nacht in einem einfachen Campement bzw. im Gästehaus einer lokalen landwirtschaftlichen Association bleiben. Die Ausstattung der einzelnen Unterkünfte ist dabei sehr unterschiedlich, manchmal reicht sie über eine Matratze auf einem in Zement gegossenen Bettkasten unter einem Moskitonetz nicht hinaus. Komfort aber ist etwas, das man bei einer derartigen Reise gar nicht erwartet.

Frau mit Kind

In Bobo-Dioulasso liegt das Quartier am Stadtrand etwa 2 km außerhalb des Stadtzentrums in Richtung Dafra. Wir haben dort ein Campement inmitten eines weitläufigen Wohnquartiers, das sich aus abschottenden, ummauerten Grundstücken bildet, die zu Blöcken zwischen sich kreuzenden Straßen zusammengefasst sind, manchmal auf symmetrischer Grundfläche, manchmal müssen die nachfolgenden Straßen auch versetzen. Die Siedlung läuft dann in die Ebene aus, die lose mit einzelnen Mangobäumen bestanden ist und in der sich die staubigen Wege aus der Stadt in Richtung Horizont verlieren. Im Campement Le Zion haben wir nicht nur gemütliche Zimmer mit Doppelbetten und großzügigen Netzen darüber, es gibt auch eine Bar die frische Säfte von Bissap oder Ingwer genauso bereithält wie gekühltes Bier und heißes Wasser für Tee oder Nescafé.

In Orodara haben wir mit dem Le Prestige ein Hotel etwas abseits der von Bobo weiter in Richtung Westen (nach Mali) führenden Straße etwa einen Kilometer vor dem Zentrum des Ortes, wo sich dann die Post, Busbahnhof und verschiedenen einfache Restaurants befinden. Je weiter wir in die ländlichen Gegenden vordringen, desto schlichter sind auch die Unterkünfte. Campements rurales in Sindou, Niansogoni und Tengrela, wo wir erst nicht in das gewünschte der beiden am Ort vorhandenen Campements hinein können. Aufgrund dessen voller Belegung verbringen wir erst eine Nacht etwa 500 Meter entfernt in einem benachbarten Camp und ziehen am nächsten einfach um.


Die Stationen der Reise auf einer größeren Karte anzeigen

Außer in unserem Hotel in der Hauptstadt haben wir in den Unterkünften immer auch die Möglichkeit, bekocht zu werden, mit mehr oder weniger Auswahlmöglichkeiten, denn natürlich müssen die Köchinnen in der Regel das was wir bestellen erst auf dem nächsten Markt oder beim nächsten Händler einkaufen. Angesichts einer instabilen Stromversorgung im Lande ist es allgemein schwierig, einen größeren Lebensmittelvorrat kühl zu lagern. Den größeren Aufwand, der hierfür nötig ist, lassen sich deshalb größere Restaurants, wie z.B. das La Forêt in Ouagadougou, oder jenes des Hotels in Orodara auch entsprechend bezahlen. Einfache Gerichte wie Riz gras oder auch sind eigentlich immer zu bekommen. Bei ersterem handelt es sich um ein einfaches Gericht von Reis mit Sauce, häufig einer fettigen Fleischsauce, bei zweitem schlicht um zu einer teigigen Masse gekochtem Mais- oder Hirsemehl.

Kochstelle

Die Küche des Le Zion in Bobo-Dioulasso macht hier eine kleine aber gern erwähnte Ausnahme. Man ist dort nicht nur sehr gut organisiert, was das Angebot auf der Speisekarte betrifft, denn auch wenn wir nicht alle Varianten ausprobieren, die junge Köchin, die eigentlich für eine ganz andere Funktion eingestellt wurde, ist einfach phänomenal. Ob Nudeln, Omelette, Gemüseauflauf oder Lasagne, es schmeckt sehr gut, was sie macht und offenbar bekommt sie auch tatsächlich die verschiedenen Gerichte gleichzeitig servierfertig. Ein überhaupt nicht selbstverständliches Vorgehen in den sonst eher einfachen Restaurants irgendwo an der Straße. Man fragt dort einfach, was noch da ist, oder was aktuell gekocht wurde. Und davon nimmt man dann, da macht man nichts falsch, aber etwas anderes wird man auch kaum bekommen.

Bei Karfiguéla

Daneben trifft man immer wieder auch mal eine Händlerin am Straßenrand, die frisches Obst verkauft. Nicht in großen Mengen und auch nicht mehr, als was saisonal verfügbar ist und jetzt im Januar sind das in der Regel Bananen, manchmal Mangos, manchmal Ananas. Niemand muss also Hunger leiden und es bedarf auch nicht wirklich eines robusten Magens, um als Europäer in Burkina Faso über die Runden zu kommen.

Getränke sind auch kein Problem. Mineralwasser bekommt man abgefüllt in 1,5-Literflaschen bei praktisch jedem kleinen Universalhändler zu 400 bis 600 Franc je Flasche. Daneben gibt es oft auch Cola und Tonic oder andere gesüßte Limonaden. In den kleinen Restaurants und Maquis wird außerem in aller Regel Bier in Flaschen von einheimischen Brauereien (z.B. Brakina oder Sob-bra), oder importiert (z.B. Flag) und direkt aus dem Tiefkühler angeboten. Stärker international orientierte Restaurants in den größeren Städten haben auch Wein auf der Karte, der jedoch nicht sehr empfehlenswert ist, da er kaum richtig gelagert werden kann. Ein kühles Bier aber, nach einem langen Tag auf dem Rad, ist ein echter Genuss.

Reifenreparatur

Wir treffen überall auf Hilsbereitschaft und sehr freundliche Menschen. Nicht nur in der großen Stadt, wo man schnell einen 'Schatten' anzieht, der hofft, etwas verkaufen zu können oder einfach mit ein paar Worten, ein paar Erklärungen oder auch nur allein durch seine Begleitung, ein paar Franc verdienen zu können. Gerade in den ländlichen Gegenden, durch die wir ja mit unseren Rädern hauptsächlich kommen, kreuzen immer wieder auch Menschen unseren Weg, mit denen wir kurz ins Gespräch kommen. Sei es über den kaum herstellbaren Vergleich zwischen den sehr einheitlich einfachen, einheimischen Rädern und unseren mitgebrachten Reisegefährten, oder über den Weg vor uns, über das Tagesziel. Man ist es hier zwar gewöhnt mit dem Rad kleinere und größere Lasten ins nächste Dorf oder zum nächsten Markt im entfernten Städtchen zu transportieren. Mit den von uns zurückgelegten Distanzen jedoch, von 50 - 70, einmal mehr als 80 Kilometern Tagesetappe, ruft Erstaunen hervor oder Unverständnis.

Zu empfehlen ist diese Art der Fortbewegung im Land ntürlich allemal. Näher kann man dem Land und seinen Bewohnern kaum kommen, aber man muss sich auch klar darüber werden, dass man sich gegenüber den Menschen in einer sehr direkten Weise präsentiert. Deshalb sollta man sie auch an sich heran lassen und nicht, weil man etwa ungestört sein möchte, dieser ja auch natürlichen Neugier allzu brüsk begegnen. Sicherlich muss das erst gelernt werden, aber bei dieser Art des Reisens, muss man die Begegnung auch zuzulassen - und bereit sein auch etwas von sich zu geben. Und sei es nur der Respekt gegenüber dem anderen Individuum.



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