Der Start für diese kurze Tour ist etwas außerhalb von Ahlbeck, am südlichen Ende der Insel. Die Usedomer Bäderbahn hält direkt an der polnischen Grenze. Nach dem Gerangel um die verfügbaren Fahrradplätze im Zug beim Umstieg am Bahnhof Züssow sind wir hier am Ortsausgang von Ahlbeck beinah die letzten verbliebenen Passagiere. Na klar, es ist Hochsommer, es sind Ferien und von Berlin her ist es nun wirklich nicht weit. Wir schieben die Räder vom improvisierten Bahnsteig des kleinen Haltepunkts herunter und befinden uns urplötzlich inmitten eines kleinen Polenmarktes. Polenmarkt? Wir sind doch hier noch diesseits der Grenze. Die wenigen Buden mit buntem Ramsch, Kleidung und billigem Fast-Foot sind aber auch nicht wirklich der Rede wert.
An der Verlängerung der Bundesstraße 111, die von Ahlbeck her nach Świnoujście führt, beginnen wir unsere kurze Tour über die Insel. Der auch als Fußweg genutzte Radweg verläuft im Schatten hoher Bäume, vorwiegend Rubinien, mit alten Kiefern durchmischt. Die Insel hat schöne, bewaldete Flächen, die sich oft entlang des Küstenstreifens und quer über die sandigen Dünen erstrecken und wir bekommen hier einen ersten Eindruck davon. Über das eingezäunte Areal eines mitten in den Wald hinein gebauten Hotels 'Residenz' kommen wir aber bald weg vom Straßenverkehr, hin zu den Dünen und der parallel zum Küstenstreifen führenden Promenade und Flaniermeile. Hier lässt es sich gut mit dem Rad fahren. Im südlichen Teil Usedoms gehen die Kurbäder mit den frisch renovierten oder vor kurzem erst neu gebauten, schicken Anwesen mit Seeblick nahtlos ineinander über. Ahlbeck und Heringsdorf sind fein herausgeputzte Orte voller Villen und Hotels entlang der Dünenstraße, so dass man sich an der stilvollen Architektur kaum satt sehen kann.
GPS-Aufzeichnung der gefahrenen Strecke:
Der Nachteil des Hochbetriebs am Strand und auf der Promenade ist für den Radfahrer aber der Zwang, ständig aufpassen und gelegentlich anhalten, absteigen und schieben zu müssen, denn an Engstellen sieht die Bäderordnung einen Vorrang für Fußgänger vor. Davon hat es bei dem sommerlichen Wetter viel zu viele. Also sucht man sich seinen Weg besser doch auf der Straße. Hier allerdings muss man sich mit dem nicht minder starken Autoverkehr arrangieren und wird dann auch weiter ab von Dünen und Strand geleitet.
Am Schloonsee vorbei kommt man von Heringsdorf beinah nahtlos nach Bansin hinein, dem kleineren der drei Badeorte am Südende der Insel. Kurz darauf wird der Radweg durch ein längeres Waldstück geführt und spätestens hier merkt man schnell, dass die Insel alles andere als ein flaches Eiland ist. Die Unebenheiten sind natürlich nicht mit anderen Hügelketten des Festlandes zu vergleichen. Es kommt einfach etwas unerwartet, Steigungen von mehr als 16% hinunter zu rasen und zuvor über einen längeren Abschnitt 20 bis 25 Höhenmeter aufwärts gefahren zu sein.
Mehrfach geht es hoch und runter, dann folgt irgendwann ein langezogener Campingplatz, dessen Stellflächen für Zelte und Wohnwagen sich offenbar bis in den Wald hinein erstrecken und jetzt in der Ferienzeit mit Wohnmobilen und Wohnanhängern überquellen. Es ist nur ein schmaler Streifen entlang des Weges und der zieht sich schließlich in Richtung Strand aus dem Wald wieder heraus. Lange Zeit folgt keine Siedlung, radelt man durch die erfrischende Natur - nahezu wieder ungestört, trotz des Hochbetriebs an den Stränden. Zwischen Ückeritz und Bansin ist der Strand offenbar doch nicht sehr stak frequentiert.
Kurze Pause an einer Ansammlung von Fisch- und Kuchenbuden unweit des Strandes. Ein wenig fühle ich mich hier ja an den Charme der Vor-Wende-DDR erinnert, den manche verklären und der doch nicht wirklich anwesend ist. Marktwirtschaftliche Prinzipien haben sich inzwischen überall herum gesprochen, nur das Angebot könnte phantasievoller sein. Der Kaffee schmeckt nicht so recht und neben Grillwürsten und halben Hühnern (die man hier immer noch als Broiler bezeichnet) versucht man mit in Fladenbrot gedrückten Salat zu punkten. Immerhin gibt es nicht nur Fleischkost und so ein vegetarischer Döner ist dann schon eine Alternative zu den Hotdogs und Nackensteaks, aber besser wäre es gewesen, einfach mehr Proviant mitzunehmen.
Wieder zurück in der Landschaft radeln wir weiter über Ückeritz und Kolpinsee in Richtung Norden. Am Kolpinsee selbst kommen wir zwar vorbei, aber da der Radweg hier parallel der Bundesstraße 111 auf einer Art Deich mit einigem Abstand zu diesem Biotop hinter dichten Büschen und eng gewachsenen Bäumen geführt wird, ist nichts davon zu sehen. Das heutige Etappenziel ist schließlich Trassenheide, ein Ort, den ein etwa einen Kilometer breiter Streifen Kiefernwald von der direkten Küstenlinie trennt. Hier befindet inmitten des Waldes ein Feriencamp mit gemütlichen Ferienhäuschen und -hütten und nach einer ruhigen Nacht und einem kurzen Frühstück mache ich mich von hier aus auch schon auf den Rückweg.
Ich wähle zunächst einen Weg auf dem sandigen Boden entlang des Waldstreifens weiter nach Norden, bis nach Karlshagen. Dort hat es noch ein weiteres Ferienzentrum der Insel, zumindest deutet die Dichte und Zahl der Ferienhäuser in den kleinen Straßen abseits der Bundesstraße darauf hin. Ein kurzer Regenschauer überrascht mich etwas, zieht aber schnell weiter und es bleibt nach dem gestrigen Sonnentag auch weiterhin warm. In Karlshagen wende ich mich nach Osten und fahre über die Felder an den Peenestrom und den Jachthafen von Karlshagen. Hier ist doch schon ganz schöner Betrieb, an diesem Sonntagmorgen. An der Fischbude stehen die Leute Schlange. Eigentlich wollte ich mir hier noch etwas Räucherfisch für unterwegs kaufen, aber das verschiebe ich bis nach Wolgast. Über Zecherin und Mahlzow geht es entlang der Peene weiter und Wolgast ist ja nicht weit entfernt. Von dort aus fahre ich dann mit der Bäderbahn bis Züssow und von dort schließlich zurück nach Berlin.
000169 | Kontakt | Startseite | Blog | letzte Änderung: 03.05.2011 © Christian Drews